Herr K. geht jeden Tag raus. Egal, ob es regnet, nieselt oder ein eisiger Wind weht. Seine Gänge haben ihn schließlich gerettet. Ein Jahr lang kam er quasi nicht mehr aus dem Bett. Er hatte Panikattacken und sah lange keinen Ausweg. Bis er sich eines Tages zwang, doch das Haus zu verlassen. Er fing an zu laufen. Jeden Tag, immer weiter. Um die zehn Kilometer ist er inzwischen täglich unterwegs. Seit eineinhalb Jahren ist das seine Strategie gegen die Angst. Es geht ihm nun besser, aber noch nicht gut genug. Der 60-Jährige ist vorerst für zwei Jahre als erwerbsunfähig eingestuft worden.
Bis vor vier Jahren war das Leben von Herrn K. zumindest nach außen hin in Ordnung. Er war verheiratet und arbeitete als Kfz-Mechatroniker in einer großen Werkstatt. Er bildete Auszubildende aus, hatte ein super Verhältnis zu seinem Chef. Doch dann wurde das Unternehmen verkauft, der Chef versetzt und ein anderer Ton zog ein. Als Herr K. wegen starker Schmerzen krankgeschrieben wurde, sei er unter Druck gesetzt worden. Man habe ihm nicht geglaubt, dass er nicht habe zur Arbeit kommen können, erinnert er sich. Auch seine Ehe ging in dieser Phase in die Brüche. Das war die Zeit, in der es mit den Panikattacken losging.
Der Vater schlägt die Mutter, der Stiefvater verletzt den Sohn mit Worten
Herr K. glaubt, dass die Ängste in seiner Kindheit begründet liegen. Er arbeitet sie mit einer Therapeutin auf. Seine früheste Erinnerung ist eine schreckliche Szene: umgestürzte Möbel, sein Vater, der auf seine Mutter einprügelt – und er selbst, der nach nebenan rennt, um Hilfe zu holen. Sein Vater habe oft im Suff zugeschlagen, auch wenn er und seine Schwester mit im Raum waren – bis er plötzlich starb. Herr K. war da noch nicht mal in der Schule. Seine Mutter heiratete rund ein Jahr später erneut – ihren Chef, einen deutlich älteren Busunternehmer.
Sein Stiefvater sei kein Schläger gewesen. Er sei verbal gewalttätig geworden. „Er hat mich immer runtergemacht“, erinnert sich Herr K. Schon seinem achtjährigen Ich sei vermittelt worden, ein „Versager“ zu sein. Alles, was er gut fand, habe der Stiefvater schlecht gemacht. So habe er sich für Fußball interessiert, doch in keinen Verein gedurft.
Seine Frau hat ihm verboten, sich mit Freunden zu treffen
Sobald er sein erstes Geld verdiente, musste er Miete für sein Zimmer zahlen. Er arbeitete zunächst als Kfz-Mechaniker in Heidenheim, dann bei einem Dreher, der besser bezahlte. Über die Musik kam Herr K. in die Punkszene. Er fuhr regelmäßig auf Konzerte. Später organisierte er selbst Punkkonzerte, mit einer erfolgreichen deutschen Punkrockband sei er gut befreundet gewesen, erzählt Herr K. über seine goldenen Jahre. Die hatten ein düsteres Ende. Er nahm Drogen. Heroin ließ ihn sich geborgen fühlen. Drei Entgiftungen und eine Therapie später landete er dann vor 20 Jahren in Stuttgart.
Die ruhigen Jahre begannen – als geschätzter Mitarbeiter in der Werkstatt, in der er sich weiterbildete, als Ehemann und als Stiefvater, da seine Ex-Frau schon Kinder hatte. Die Beziehung zu seiner Frau sei allerdings mit der Zeit immer schlechter geworden. Sie sei eifersüchtig und kontrollierend gewesen. Sie habe ihm verboten, sich mit Freunden zu treffen. Und er habe sich gefügt, um keinen Streit zu provozieren. Inzwischen, nach der Trennung, hat Herr K. wieder Freunde. Das tut ihm gut. Er habe sich wieder gefangen, sei „nicht verbittert, sondern freundlich und aufgeschlossen“, so beschreibt ihn der Sozialarbeiter einer Stuttgarter Schuldnerberatung.
Sechs Backenzähne fehlen ihm
Was Herrn K. aber belastet, sind seine Zähne. Sechs Backenzähne hat er verloren, davon drei, als es in der Firma bergab ging. Sein alter Zahnarzt veranschlagte 14 000 Euro für die Sanierung. Herr K. dachte, er müsse sich für immer mit den Zahnlücken abfinden. Doch eine andere Zahnärztin hat nun einen Kostenplan erstellt, bei dem der Eigenanteil bei 2200 Euro liegt. Weil die Erwerbsminderungsrente von Herrn K. auch dafür nicht ausreicht, hat sich die Schuldnerberatung an die Aktion Weihnachten gewandt mit der Bitte um eine Spende.
So können Sie spenden
Konten Die Aktion Weihnachten freut sich über jede Spende. Die Konten lauten: Baden-Württembergische Bank, IBAN DE04 6005 0101 0002 3423 40, oder Schwäbische Bank, IBAN DE85 6002 0100 0000 0063 00. Wenn Ihr Name als Spender veröffentlicht werden darf, vermerken Sie das bitte unbedingt bei der Überweisung. Sachspenden können wir aus logistischen Gründen leider nicht annehmen. Alle Artikel zur laufenden Benefizaktion lesen Sie hier und in diesem Artikel, wie die Aktion Weihnachten arbeitet und was sie in diesem Jahr alles vor hat.
BriefmarkeEine Sonderbriefmarke kommt in diesem Jahr der Aktion Weihnachten zugute. Sie hat einen Wert von 1,20 Euro, wobei 40 Cent (80 + 40) als Spende der Aktion Weihnachten und damit notleidenden Menschen und sozialen Projekten im Raum Stuttgart zugutekommen. Mit den Briefmarken lassen sich Sendungen bis 20 g (Brief national/Standardbrief) verschicken. Sie sind als 10er-Bogen im Online-Shop der BW-Post erhältlich. Bezogen werden können die Briefmarken hier.
